Kündigung der Wohnung durch Sozialbehörde bei Umplatzierung rein privatrechtlich

Das Obergericht Zürich befasste sich im Urteil NG230009-O/U vom 05.06.2023 mit einem mietrechtlichen Fall, wobei die Gemeinde eine Wohnung an die Sozialbehörde vermietete, welche sie wiederum an die von der Sozialhilfe unterstützte Person untervermietete und der Mietzins im Rahmen des Sozialhilfebudgets gemeindeintern beglichen wurde.

Mietrechtlich wurden Klage und Berufung wenig interessant aufgrund verpasster Fristen abgewiesen: Die Verwirkungsfristen zur Kündigungsanfechtung und Erstreckung des Mietverhältnisses nach Art. 273 Abs. 1 und Abs. 2 OR waren bereits verstrichen.

Vergeblich hatte die Berufungsklägerin in diesem zivilrechtlichen Verfahren vor einer zivilrechtlichen Kammer argumentiert, dass es sich bei der Wohnung um Sozialhilfeleistungen handle, deren Kündigung und Versetzung in eine kleinere Wohnung als Kürzung bzw. Streichung der Sozialhilfe zu qualifizieren sei und deshalb auch verwaltungs(verfahrens)rechtliche Aspekte zu berücksichtigen seien.

Anders als das Arbeitsrecht, das zwischen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen unterscheidet, kennt das Mietrecht eine derartige Unterscheidung nicht (vgl. Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 18. September 2015 [BEZ.2015.55], E. 2.3.1 m.w.H.; VGer ZH VB.2018.00305 vom 13. September 2018, E. 4.5). Daran ändert sich auch nichts, wenn – wie vorliegend – die Vermieterin im Untermietverhältnis zugleich als zuständige Sozialhilfebehörde handelt und den Mietzins der Berufungsklägerin direkt bezahlt bzw. dieser vermutlich gemeindeintern abgerechnet wird. Denn die Sozialhilfebehörden können den Mietzins von anspruchsberechtigten Sozialhilfebezügerinnen und -bezügern in Anwendung von § 16 Abs. 3 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Zürich den Gläubigerinnen und Gläubigern direkt überweisen. Dies kann sowohl gegenüber Drittpersonen – welche als Vermieter auftreten – geschehen als auch, wenn die Gemeinde selbst als Vermieterin auftritt. Folglich handelt es sich bei der vorliegenden Frage der Verwirkungsfrist zur Anfechtung der Kündigung und Stellung eines Erstreckungsgesuchs um eine zivilrechtliche Angelegenheit. Zur Überprüfung einer mit der Kündigung zusammenhängenden möglichen Kürzung der Sozialhilfeleistungen ist demgegenüber nicht das hiesige Gericht zuständig, sondern diese Frage wäre in einem Verwaltungsverfahren zu klären (§ 1 VRG). (E. 3.3., Hervorhebungen durch mich)

Ob die unterstützte Person verwaltungsrechtlich Erfolg gegen die Versetzung aus einer 3- in eine 1-Zimmer-Wohnung (m.E. tatsächlich eine Sozialhilfekürzung) hatte, ist nicht ersichtlich.


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