Im Urteil 100 17 77 vom 13.03.2018 (heute auf SwissLex publiziert) erläutert das Verwaltungsgericht Bern in einem Entscheid betreffend Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen aufgrund Analogie in Kürze die Rechtsmissbrauchsschranke im Sozialhilferecht.
Mit der Einführung von Einkommens- und Vermögensgrenzen wurde im IBG [Gesetze vom 6. Februar 1980 über Inkassohilfe und Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen des Kantons Bern, BSG 213.22] die Bedürftigkeit als Anspruchsvoraussetzung statuiert. Damit besteht eine Analogie zum Sozialhilferecht und es erscheint sachgerecht, an die dortige Praxis zum Rechtsmissbrauch anzuknüpfen. Danach setzt die rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme von Leistungen notwendigerweise voraus, dass die bedürftige Person absichtlich die eigene Lage allein zum Zweck verursacht hat, um sich auf das Recht auf Hilfe in Notlagen berufen zu können. Dieser Wille muss klar und unbestreitbar festgestellt werden. Der Missbrauch muss offensichtlich sein; blosse Verdachtsmomente und Indizien genügen nicht (grundlegend: BGE 134 I 65 E. 5.2 [Pra 97/2008 Nr. 86]; vgl. auch BGer 8C_100/2017 vom 14.6.2017 E. 8.3.1; BVR 2005 S. 400 E. 7). (E. 5.1)
Im Ergebnis kommt das Gericht zum Schluss, dass es nicht missbräuchlich ist, mit einem Verwandten (bei welchem keine Verwandtenunterstützungspflicht besteht) ein Darlehensvertrag abzuschliessen, wonach dieser Mittel für den Lebensunterhalt darlehensweise zur Verfügung stellt, womit dieses später nicht im anrechenbaren Vermögen anzurechnen ist. Auch, wenn die Unterstützung davor ohne Rückzahlungspflicht erfolgte.
Weiter ist festzuhalten, dass C._ seine Zahlungen an Tochter und Enkel soweit ersichtlich erst eingestellt hat, als die Einkommens- und Vermögenssituation der Beschwerdeführerin für die Alimentenbevorschussung relevant wurde; dieses Vorgehen mag kalkuliert sein – rechtsmissbräuchlich ist es nicht (vgl. auch Philip Mani, Inkassohilfe und Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen, Diss. Zürich 2016, S. 263 Fn. 1474). (E. 5.2.2, Hervorhebung durch mich)
Dies wäre m.E. im Sozialhilferecht (mit dessen Analogie das Verwaltungsgericht hier argumentiert) gleich zu beurteilen.
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