Nothilfe von CHF 8.00 pro Tag nicht entgegen Art. 12 BV – auch wenn unklar ist, wie sich der Betrag zusammensetzt

Im Urteil 810 13 368 vom 30.07.2014 (kürzlich auf SwissLex publiziert) erhielt das Kantonsgericht Basel-Landschaft die Gelegenheit sich zur Zulässigkeit von Nothilfe für Personen ohne Aufenthaltstitel ausserhalb des Asylbereichs und zum Nothilfe-GBL-Ansatz von CHF 8.00 zu äussern.

Die Frage der Ungleichbehandlung i.S.v. Art. 8 BV zwischen Personen mit und ohne Aufenthaltsrecht beantwortete das Kantonsgericht interessanterweise damit, dass ordentliche Sozialhilfe für Personen ohne Aufenthaltsrecht zu einer Ungleichbehandlung führen würde, weil ihnen ohne Arbeitsberechtigung keine Subsidiaritätsfolgen drohen würden.

Da der Beschwerdeführer unbestrittenermassen auch keine anderen Möglichkeiten hatte, die Notlage aus eigenen Kräften abzuwenden, konnten die Nothilfeleistungen nicht (mehr) ganz eingestellt werden. Die SHB hat somit – zu Recht – Nothilfeleistungen erbracht. Die Ausrichtung von umfassender Sozialhilfe an den Beschwerdeführer, der von Gesetzes wegen nicht arbeiten durfte und – wie erwähnt – nicht zur Aufnahme einer Arbeit verpflichtet werden konnte, hätte aber dem gesetzlich vorgesehenen Subsidiaritätsprinzip widersprochen. Zudem würde eine derartige Praxis eine unzulässige Besserstellung von Ausländern ohne Aufenthaltsberechtigung gegenüber aufenthaltsberechtigten Personen bewirken und es würde ein zusätzlicher Anreiz für einen rechtswidrigen Verbleib in der Schweiz geschaffen werden. [E. 3.2.2]

Interessant ist, eine Person, die nicht arbeiten darf, als bessergestellt anzusehen. Offenbleibt, wieso das Kantonsgericht nach dieser Argumentation nicht das Arbeitsverbot sondern, den Anspruch auf Existenzsicherung kritisiert…

Zum Nothilfe-GBL von CHF 8.00 bringt der Beschwerdführer vor,

…es sei in keiner Weise ersichtlich, nach welchen Grundsätzen der Tagessatz von Fr. 8.00 zustande gekommen sei. Die Vorinstanz orientiere sich an der Praxis der anderen Kantone, in welchen die Nothilfe zwischen Fr. 7.50 und Fr. 12.00 betrage. Es gehöre zum Willkürverbot, dass Sozialhilfeansätze in einem transparenten Verfahren zustande kämen, wie das deutsche Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 18. Juni 2012 festgestellt habe. Eine verfassungskonforme Auslegung sei nicht möglich. [E. 4.1]

Trotz dieses korrekten Hinweises auf vollkommen unklare Berechnung des Nothilfeansatz (im Gegensatz zu statistischen Berechnungen und zum Warenkorb der ordentlichen Sozialhilfe) begnügt sich das Kantonsgericht damit, dem Beschwerdeführer mangelnde Substantiierung vorzuwerfen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer scheinbar selbst Berechnungen seines Bedarfs eingereicht hat. Das Kantonsgericht geht aber davon aus, dass die CHF 8.00, welche ohne einen jeglichen Hinweis darauf, wie sich dieser zusammensetzt, besser substantiiert (nicht willkürlich) sei, als die konkreten Angaben des Beschwerdeführers zu seinem eigenen Bedarf. Mit Zwischenverfügung (deren Begründung leider nicht dem Urteil zu entnehmen ist) lehnte es das Kantonsgericht darüber hinaus ab, ein Gutachten über den Bedarf des Beschwerdeführers einzuholen.

In Bezug auf die vom Beschwerdeführer gerügte Höhe des pauschalen Taggelds von Fr. 8.00 substantiiert der Beschwerdeführer seine Behauptung, im Kanton Basel-Landschaft habe sich mit Fr. 8.00 pro Tag der Lebensunterhalt nicht menschenwürdig finanzieren lassen, weder mit Belegen noch mit entsprechenden konkreten Anhaltspunkten. […] Soweit sich der Beschwerdeführer im Übrigen auf eigene Berechnungen beruft, vermögen diese – wie der Regierungsrat bereits zutreffend ausgeführt hat (vorinstanzlicher Entscheid, Ziff. 24) – den vom Kanton Basel-Landschaft gewährten Betrag nicht in Frage zu stellen. [E. 4.4.1]

Es bleibt also trotz weitgehender Kritik in der Lehre und ausgebliebener Erklärung durch die festsetzenden Behörden weiterhin offen, wie CHF 8.00 pro Tag einzuteilen sind, um “für ein menschenwürdiges Dasein” (immerhin Grundrechtskerngehalt, Art. 12 BV) auszureichen.

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